Worauf achtet ihr vorrangig, wenn ihr etwas einkauft? Auf den Preis? Auf das Herstellerland? Auf die Marke? Die Qualität? Den Transportweg, den das Produkt zurückgelegt hat? Auf die sozialverträgliche Erzeugung und auf faire Handelsbedingungen? Auf die Energiefolgekosten und die Langlebigkeit des Produktes? Oder auf die Art und Anzahl der Verpackung? Diese Fragen haben die ganze Bandbreite des nachhaltigen Einkaufens und Konsumierens noch lange nicht abgedeckt. Das macht deutlich, wie komplex und außerordentlich vielschichtig das Thema Nachhaltigkeit ist und warum eine einfache Definition bis heute noch nicht gefunden wurde. Auch die Unterteilung in die drei Säulen der Nachhaltigkeit: Umwelt- und Ressourcenschonung, Sozialverträglichkeit und ökonomische Tragfähigkeit als grobe Orientierung zeigt nur eins: das Thema ist außerordentlich vielschichtig.
Viele machen es sich nicht nur deshalb einfach und schauen nur auf den Preis oder die Marke ihres Vertrauens. So nach dem Motto: „Das wird schon passen, wenn da dieser oder jener Hersteller hinter steckt“ oder „ich kaufe immer das, was am günstigsten ist“. Der bequeme Weg ist aber leider oft eins nicht – ressourcenschonend. Der nachhaltige Weg hingegen ist manchmal richtig mühsam und zeitintensiv. Ich spreche da aus Erfahrung: An manchen Tagen will ich nur schnell was holen, bin unter Zeitdruck und merke dann immer wieder aufs Neue, wie schwierig es ist, das nachhaltige Produkt unter all den verschiedenen Kriterien zu wählen: Dieses Produkt ist regional hergestellt und umweltfreundlich verpack, hat aber nur eine kurze Lebensdauer und kann nicht recycelt werden. Jenes Produkt ist ökologisch und C02-neutral hergestellt worden aber wurde trotzdem über 1.000 km unter entsprechendem Energieaufwand transportiert. Die zwei Beispiele sollen eins deutlich machen – manchmal ist die Antwort auf die Frage was nun nachhaltiger ist, gar nicht zu beantworten. In vielen Fällen muss man abwägen zwischen verschiedenen Aspekten und dann entsprechend auswählen. Aber allein dadurch, dass wir abwägen, ist sehr viel gewonnen. Es stimmt nämlich schlichtweg nicht, dass es egal ist, wie und was der einzelne konsumiert. Es ist überhaupt nicht egal. Denn der Verbraucher kann die Erzeuger zum Umdenken zwingen und wenn immer mehr beim Einkauf abwägen, kann eine Veränderung bei der Herstellung erreicht werden. Wenn keiner mehr Coffee-To-Go Becher benutzt, die mit Holz aus Skandinavien in Asien unter unfairen Bedingungen produziert und dann wieder unter hohem Energieaufwand in alle Welt verschifft wurden, dann wird die Produktion immer weiter heruntergefahren und ein wichtiger Erfolg für die Schonung unser Ressourcen ist erzielt.
Der Begriff Nachhaltigkeit wurde so oft und in so unterschiedlichen Kontexten benutzt, dass er eine leere, farblose Hülle geworden ist, unter der sich jeder nichts und alles vorstellen kann. Der Begriff ist so überstrapaziert, dass er seine Wirkung total verfehlt und jeder innerlich anschaltet, wenn mal wieder von Nachhaltigkeit gesprochen wird. Aber dieser Begriff ist im Ursprung seiner Bedeutung richtig gewählt – denn es geht darum, so mit den natürlichen Ressourcen und der Umwelt umzugehen, dass auch die nachfolgenden Generationen sich in ihren Bedürfnissen und Lebensmöglichkeiten nicht einschränken müssen. Anders ausgedrückt – wir wollen und sollen nicht auf Kosten unserer Kinder und den darauffolgenden Generationen verschwenderisch und ohne Respekt mit den Ressourcen umgehen. Nicht mehr und nicht weniger steckt hinter dem Anspruch eines nachhaltigen Verbrauchs und einer nachhaltigen Lebensweise. Und was ist wichtiger, als das wir eine Welt hinterlassen, in der Leben und gutes Leben überhaupt möglich ist? Welches Ziel könnte wichtiger sein und wofür sollte man sich eher anstrengen als dafür? Es sollte also keinen abschrecken, dass eine nachhaltige Lebensweise auch mit Anstrengung, Umdenken und einigen Mühen verbunden ist. Meine Erfahrung ist, dass es sich mit einer nachhaltigen Lebensweise genauso verhält, wie mit jeder Sache, die wir neu lernen müssen: Am Anfang ist man unsicher, man braucht Zeit und muss sich immer wieder neu versichern, Informationen einholen. Irgendwann aber gehen diese neuen Kenntnisse in eine Automatik über und wir haben eine Orientierung gewonnen, die uns wieder schneller zur Entscheidung, zu einer nachhaltigen Lebensweise führt. Diese muss natürlich auch immer wieder überprüft und kontrolliert werden, aber das kostet bei weitern nicht die Zeit, wie die ursprüngliche Entscheidung für eine nachhaltige Lebensweise. Und diese nachhaltige Lebensweise muss nachhaltig gedacht werden: Es geht darum, welches Auto ich fahre, was ich einkaufe, welche Strecken ich wie und warum zurück lege, woher ich meinen Strom beziehe oder vielleicht sogar selbst produziere…etc. Es gibt so viele Aspekte zu beachten, dass es höchste Zeit ist damit anzufangen.
Frank Groneberg